Skip to main content

Zu umständlich und kaum sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten: Das Metaversum kommt nicht vom Fleck. Zuckerberg und Co. sollten sich vermehrt an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren – und ihre Vision noch eine Weile reifen lassen.

Knapp eineinhalb Jahre ist es her, dass ein neuer Begriff durch das Netz geisterte: das Metaversum. Er steht für eine Vision, in der wir uns eine Virtual-Reality-Brille aufsetzen und als Avatare – digitale Alter Egos – durch dreidimensionale Welten bewegen, dort Leute treffen und unsere Arbeit erledigen.

Kaum ein Unternehmen konnte sich dem Sog entziehen: Banken gründeten virtuelle Filialen, und Kleiderhersteller lancierten rein digitale Kollektionen; Mark Zuckerberg änderte gleich den Namen seines Konzerns von Facebook zu Meta, um seinen Anspruch auf das neue, aufregende Internet-Zeitalter zu bekräftigen.

Wer heute durch eine VR-Brille blickt, sieht vor allem gähnende Leere. Das hat vor allem zwei Gründe: Der Aufwand, um in die schöne neue Welt einzutauchen, ist noch viel zu hoch – und was man dort erleben kann, ist im Verhältnis dazu noch viel zu wenig aufregend.

Das spiegelt sich auch in den Suchanfragen bei Google: Gegenwärtig wird rund 80 Prozent weniger häufig nach dem Begriff «Metaverse» gesucht als noch im Winter 2021. Auch die Unternehmen überdenken ihre Investitionen. Meta spart bei der Abteilung, welche die Entwicklung des Metaversum vorantreiben soll. Auch Microsoft, Tencent sowie Walt Disney kündigten Umstrukturierungen und Sparmassnahmen an.

Es fehlt ein Grund, regelmässig eine VR-Brille aufzusetzen

Dabei gibt es an der Technologie durchaus Interesse. Meta konnte bisher insgesamt rund 20 Millionen VR-Headsets verkaufen. Der Grossteil davon dürfte auf die beliebte Quest 2 entfallen, die im September 2020 lanciert wurde. Das sind etwas mehr, als Microsoft Xbox-Konsolen der neusten Generation verkauft hat, und rund zwei Drittel der Playstation-5-Verkäufe von Sony. Beide Konsolen wurden im November 2020 lanciert. Für viele fehlt jedoch ein Grund, die VR-Brille regelmässig zu nutzen. Mehr als die Hälfte der Quest-Headsets soll laut einem Bericht des «Wall Street Journal» sechs Monate nach dem Kauf in der Ecke liegen und nicht mehr genutzt werden.

Für Fitnessübungen oder Videospiele in VR haben die Brillen eine kleine Nische gefunden. Die Nutzung bleibt jedoch kompliziert: Der Akku muss aufgeladen sein, und es braucht eine grosse, freie Fläche. Weiter ist die Benutzeroberfläche kompliziert, und im dümmsten Fall wird einem nach 30 Minuten schwindlig. Warum sich im Metaversum treffen, wenn es viel simpler per Video-Anruf am Laptop geht?

Um online gemeinsam virtuelle Welten zu erkunden, braucht es kein VR. Das haben schon früher Second Life oder World of Warcraft bewiesen, und das zeigt sich heute bei Plattformen wie Fortnite, Minecraft oder Roblox. Hier loggen sich Millionen von Nutzerinnen und Nutzern ein, um digitale Welten zu gestalten, mit diesen zu interagieren oder um sich mit Freunden auszutauschen.

Doch was ist bei diesen Spielen anders als im mit Milliarden aufgebauten Metaversum, das sich Mark Zuckerberg vorstellt? Ein Vorteil ist die Zugänglichkeit. Egal wo man ist, im Zug oder im Unterricht, man braucht nur ein Handy, und schon ist man dabei. Weiter wird den Nutzern das geboten, was sie suchen. Dank ihren interaktiven Elementen bieten die Plattformen geistige Stimulation, etwas Entspannung vom Alltag sowie sozialen Austausch, den es früher etwa auf dem Pausenplatz gab.

Die Vision muss noch reifen

Ein Metaversum, das den Alltag digital spiegelt und in dem wir uns als Avatar mittels VR-Brille bewegen, findet in der breiten Masse noch keinen Anklang. Wollen Meta und Co. in diesem Bereich erfolgreich sein, müssen sie sich am Nutzungsverhalten der Menschen orientieren. Es braucht noch etwas Zeit und Fortschritte wie längere Akkulaufzeiten, mehr Tragekomfort oder eine zugänglichere Benutzeroberfläche, bis sich ein konkreter, unwiderstehlicher Anwendungsfall herauskristallisiert hat und die Headsets einfacher nutzbar sind.

Das Metaversum wäre nicht das erste Feld, das einige Jahre überwintern muss, bis die Vision ausgereift ist und in unserem Alltag einen Platz findet. Als in den 1950er Jahren das Konzept von KI aufkam, wurden damit grosse Erwartungen verbunden. Bald zeigte sich, dass diese nicht erfüllt werden konnten, und es folgten in den 1970er und 1980er Jahren zwei sogenannte KI-Winter. Ein neuer Ansatz gab dem Gebiet jenen Schub, der zur Entwicklung von Chat-GPT und Co. führte.

Ein solcher neuer Impuls, eine Idee, die das Interesse einer breiten Masse weckt, fehlt beim Metaversum derzeit. Doch auf jeden Winter folgt ein Frühling.

Quelle:

Foto: Virtual-Reality-Headsets und das Metaversum sind bisher nicht aus ihrer Nische herausgekommen., Imago

https://www.nzz.ch/meinung/auf-ein-metaversum-fuer-die-arbeit-hat-niemand-gewartet-ld.1732911

4 Surprising Ways COVID-19 Has Forced the World to InnovateExamples

4 Surprising Ways COVID-19 Has Forced the World to Innovate

Digital transformation is a conversation that is and was taking place before COVID-19. Businesses wanted…
28. April 2021

Leave a Reply