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Urlaub gecancelt? Virtual Reality kann das Fernweh stillen. Die Weltreise via VR-Brille im Selbsttest

Statt Sonnenbrand trage ich diese Urlaubssaison einen Brillenabdruck im Gesicht. Außerdem neu: keinen Koffer packen, kein CO2 per Langstreckenflug in die Atmosphäre pumpen, keine streng riechenden Menschenschlangen vor Sehenswürdigkeiten. Covid-19 weiß das zu verhindern. Urlaub mache ich trotzdem – mit einer dieser spackigen Brillen auf meinem Kopf. Virtual Reality (VR) war für mich bis jetzt in etwa so notwendig wie Faxgeräte im Jahr 2020. Die Brillen haben sich aber weiterentwickelt, seit ich das letzte Mal vor etwa vier Jahren eine am Kopf hatte. Das Verkabeln hat damals gefühlt 20 Minuten gedauert. Heute geht das schneller: Die neue Generation Brillen braucht keine Kabel und keine Konsole, die ganze Technik steckt in dem kleinen Ding vor meinen Augen (wir testeten übrigens die „Oculus Quest“, ca. 450 Euro). Je einfacher die Anwendung, desto mehr Potenzial steckt drin – in Zukunft soll VR die Art des Reisens grundlegend verändern, auch unabhängig von Covid-19.

Reisen während Corona

Klingt erst mal unwahrscheinlich, dass Virtual Reality das Kennenlernen des Unbekannten und das Entdecken anderer Kulturen ersetzen soll, außerdem profitieren ganze Regionen finanziell vom Tourismus. Gerade jetzt sind wir aber ohnehin dazu gezwungen, erstmal Urlaub in unseren eigenen vier Wänden zu machen, um andere und uns selbst zu schützen. Die auferlegte Reisepause ist auch ein guter Zeitpunkt, um sich nach Alternativen umzusehen. Selbst die Travel-Industrie investiert in VR, einerseits um Begehrlichkeiten zu wecken, andererseits auch um langfristig weniger Leute um den Globus zu karren. Denn virtuelle Reisen verursachen weniger Emissionen, stapeln keine Menschen vor Sehenswürdigkeiten auf, und trotzdem können theoretisch mehr Leute ans Ende der Welt fahren, um dort Pinguine anzustarren – auch diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in den Flieger steigen und drei Wochen backpacken können.

Virtual Reality: Soll man das echt ‚Reisen‘ nennen?

Ich stehe in meinem Wohnzimmer, schalte die massive Brille an und versuche, mich im App-Dschungel zu orientieren. Im Hauptmenü gaukelt mir die Brille vor, in einem Glas-Iglu unter Nordlichtern zu sein. Schön hier. Ich kaufe jedem einzelnen Nordlicht ab, dass es echt ist, während meine Homebase eher so aussieht, als würde ich mich mitten in einem „Sims“-Game aus 2008 befinden. Das ist okay, die Sims sind Soft Spot meiner Jugend. Ich fühle mich hier wohl. Nach den ersten Schritten fange ich ganz langsam an. Ich will sehen, wie groß das Netz ist, das virtuell um den Globus gespannt wird. Die App „Wander“ ist quasi Google Street View in 360 Grad. Mit den Controllern in meinen Händen kann ich mich von Ort zu Ort teleportieren, Straßen entlanglaufen, die Freiheitsstatue umrunden und mich an random Spots irgendwo auf der Erde versetzen lassen. Große Sehenswürdigkeiten sind mit dem dazugehörigen Wikipedia-Eintrag verlinkt. Ansonsten: kein Ton, keine Animation. Um mich an Orte zu beamen, nutze ich die Sprachsteuerung. Mein natürlicher Reflex: erst mal in meine Heimat. Ich frage: „Where is Graz?“ VR-Siri versteht: „Where is God?“ Ich lande auf einem Friedhof in Jordanien. Der Ausblick ist beeindruckend. Die Treffsicherheit nicht.

Virtual Reality sprengt die Grenzen des Reisens

Das ist mir zu wenig, ich brauche mehr. Zurück in der Homebase springt mich die App „National Geographic Explore VR“ an. Das klingt nach Abenteuer, ich starte sofort – und sitze plötzlich in einem Kajak in der Antarktis. Ich nehme das Paddel in die Hand und lege los. Um mich herum treibt antarktisches Packeis, der Himmel ist stahlblau, Königspinguine schwimmen auf mich zu, einer bringt mein Kajak beinahe zum Kentern. Mein Hirn glaubt meinen Augen. Ich klettere auf Eisberge, schlage Pickel für Pickel in die milchige Oberfläche, spüre, wie meine Oberarme langsam Pudding werden – und vergesse, dass ich eigentlich in meinem Wohnzimmer stehe und mein Freund im Hintergrund laut lacht, während ich mich nach oben hieve. Nach etwa 40 Minuten Eis-Expedition schmerzt mein Kopf von der schweren Brille. Mir wird schwindlig von den Höhenmetern, die ich nie zurückgelegt habe. Ich nehme die Brille ab und brauche ein paar Minuten, um mich wieder in meinem Wohnzimmer zu verorten.

Ins Weltall via VR-Brille

Beim Testen merke ich, was über die zwei Linsen besonders gut funktioniert: das Weltall. Als sich die „Mission: ISS“-App öffnet, raste ich aus. Unter mir die harmlos kleine Erde, vor mir ein Sternenhimmel, gegen den sogar Brad Pitts „Ad Astra“-Kosmos abkackt. Ich stehe in meinem Wohnzimmer wie ein kleines Kind, das staunend in den Himmel starrt, die Kinnlade drei Stockwerke tiefer. Dann floate ich schwerelos durch die ISS, lerne, welche Instrumente ich zum Überleben im All brauche, aber vor allem glotze ich wie gebannt in den exorbitanten Sternenhimmel. Excitement-Level: 3000, Tendenz steigend. Warum aber flashen mich ausgerechnet die Destinationen, die im realen Leben ziemlich unerreichbar sind? Wahrscheinlich, weil der Vergleichswert gering ist. Das Weltall und die Pinguinkolonien am Südpol kenne ich bloß aus Netflix-Dokus. Die Schwerelosigkeit geht nicht spurlos an mir vorbei, meine Augen werden langsam müde. Ich brauche Entspannung. Über die „Nature Treks VR“-App werden mir verschiedene Szenarien vorgeschlagen: Savanne, Winterlandschaft, weißer Sandstrand – ich entscheide mich für das Beach-Programm.

Virtuell reisen: Wenn die Sonne auf die Netzhaut scheint

Mein Puls verlangsamt sich, ich erhole mich von meiner Weltraummission, bin komplett raus aus meinem Alltag. Aber nach kurzer Zeit steigt das Bedürfnis nach den Büchern, die ich am Strand lesen würde, dem Drink, den ich mir gegönnt hätte und vor allem: nach Sonnenstrahlen, die ich auch wirklich spüre. Ich habe mich festgepflanzt auf meinem Sofa, will aber mehr erleben als Strandausblick. Klappt am besten über die „Youtube VR“-App, die mir 360-Grad-Videos abspielt, von denen ich mich berieseln lasse. Die Auswahl ist riesig. Ich entscheide mich für Rollercoaster, Wasserrutschen und Flugsimulationen. Die zweite Achterbahn, die ich teste, kickt mich nicht nur geistig aus der Realität, sondern auch fast vom Sofa. Mein Magen dreht sich mit jedem Looping, mein Knie rammt den Couchtisch. Ich brülle und frage mich gleichzeitig, wann wohl mein Nachbar klopft und sich nach mir erkundigt. Die Akku-Anzeige blinkt. Ich breche das Experiment nach zweieinhalb Stunden in fiebertraumähnlichem Zustand ab.

360°-Brille: Das Wohnzimmer wird zur Achterbahn

Ich zittere, als ich die Brille abnehme, VR wirkt krass auf meinen Körper. Ich kann mir vorstellen, nach einem stressigen Tag mal eben in die Antarktis abzuhauen und ein paar Wale zu beobachten. Nach einer Akkuladung Weltreise fühle ich mich zwar nicht wie nach einem Strandurlaub, aber die Technik zwingt meinen Kopf, sich zu hundert Prozent auf das Gesehene einzulassen. Mein Hirn war erstaunlich schnell überzeugt von jeder noch so absurden Welt, die mir aufgetischt wurde. Dass die Grafikleistung teilweise an „Sims 4“ erinnert, habe ich nach fünf Minuten vergessen. Ich habe keine Sekunde an Mails gedacht, an nicht bezahlte Rechnungen oder an das Coronavirus. Aber: Mir fehlen die Sandkörner zwischen den Zehen, der zuckrig-schale Geruch von Großstädten. Selbst wenn es eine Brille also irgendwann schafft, mir das Gefühl von Salzwasser in den Nebenhöhlen und den jährlichen Sonnenbrand auf der Nase vorzugaukeln, werde ich das wahrhaftige Reisen nie an den Nagel hängen – weil ich mich in echten Gassen verirren, von echten Menschen anderer Kulturen lernen möchte. Trotzdem ist gerade jetzt ein guter Zeitpunkt, um Alternativen zu checken und nach dem Shut-Down die Reisegewohnheiten so anzupassen, dass die Umwelt den #travelgoals nicht permanent untergeordnet wird – und wir den besonderen Reisen, die wir unternehmen, wieder mehr Wert beimessen.

 

Noch mehr Beispiele

Raus aus der Isolation und Social Distancing dank virtueller Welten mit Virtual Reality (VR)

 

Quelle:

https://www.glamour.de/features/reise/reise-virtual-reality

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