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75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus: Das Berliner Stadtmarketing greift für eine virtuelle Ausstellung tief in die Trickkiste

Realität ist großer Mist, so als Begriff. Als Kind bekommt man das dröge »Es ist, wie es ist« um die Ohren gekloppt, um einem die vermeintlich weltfremde Phantasie auszutreiben. Und hat man das erst mal gefressen, meckern prompt Philosophen und Historiker, dass es sooo leicht dann doch nicht ist. Betrachtet man etwa, wie in Berlin der 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus (resp. »Kriegsende«, wie es hierzulande gerne heißt) begangen wird, lässt einen das doch an dieser »Realität« zweifeln.

Die große Sause wurde wegen des Coronavirus bekanntlich abgesagt. Deshalb hat sich die Stadtmarketing-GmbH Kulturprojekte Berlin etwas besonderes Hübsches ausgedacht: die »virtuelle« Ausstellung »Nach Berlin«, die man nun unter www.75jahrekriegsende.berlin im Netz findet. Wesentlicher Bestandteil ist eine »Augmented Reality«-App. Übersetzt: Ein kleines Programm für eine Realität die »augmented« ist, also: vergrößert, angereichert, oder verbessert. Mit dieser realitätsverbessernden App kann man sich symbolische Orte in Berlin anschauen: Reichstag, Brandenburger Tor, das ehemalige KZ Sachsenhausen und den Alexanderplatz.

Dafür setzt man sich entweder eine Virtual-Reality-Brille auf, oder fläzt sich vor einen internetfähigen PC. Dann taucht man ein in 360-Grad-Panoramen der vier genannten Berliner Erinnerungsorte, in Egoshooter-Optik. Verstreut in diesen simulierten Landschaften schweben weiße Punkte, die man antippen kann. Es öffnen sich Unterkapitel, die knapp, aber mit viel Effekt das referieren, was sich westliche Historiker als Realität zusammengezimmert haben.

Hier fehlen der Platz und die Expertise, um in philosophischer Gründlichkeit das schwierige Verhältnis von Simulation und Wirklichkeit zu ergründen. Aber »Matrix« oder andere Blockbuster sind hinsichtlich der App ohnehin der bessere Referenzrahmen. Denn aus deren Trickkiste bedienen sich die Unterkapitel von »Nach Berlin«. Man sieht historische Fotos, die am PC durch geduldiges Scrollen zum Leben erweckt werden: Wir zoomen näher ans Bild, dabei simuliert das Programm Kamerafahrten wie bei Hitchcocks »Vertigo«, Textblöcke schweben über den Bildschirm, ein bisschen wie im »Star Wars«-Vorspann.

Ob das jetzt alles so war, wie es da dargestellt wird, oder anders, das wäre zu überprüfen. Wie bei Biopics, diese biographischen Hollywoodfilme, die zwischen Fiktion und Fakten mäandern. Aber dass auf den Zweiten Weltkrieg für Osteuropa 40 Jahre Unfreiheit folgten – das ist einfach Demagogie und verzeiht man nicht mal im Kino. Auch die ganzen lustigen Anekdoten, welche berühmten historischen Fotos von »den Sowjets« manipuliert oder inszeniert wurden, insinuieren gut erzählt: Die Russen mögen zwar die Nazis besiegt haben, aber sie belügen uns trotzdem. Vielleicht erfährt man in einem Prequel ja noch was über die realitätsverbessernden Propagandatechniken der Westmächte.

Für ein bisschen mehr Details können Sie sich von der Homepage auch sieben Podcast-Folgen auf das Smartphone laden und damit nach Ende der Ausgangsbeschränkungen selbst zu den geschichtsträchtigen Plätzen spazieren, ein Audioguide für das Museum Berlin quasi. Vielleicht kommt man ja auch an einer öffentlichen Bibliothek vorbei. Da kann man die Welt der App bei Interesse mit der komplexen Realität abgleichen.

www.75jahrekriegsende.berlin i

Quelle:

Foto: Wie im Egoshooter: Szene aus der virtuellen Ausstellung »Nach Berlin«

https://www.jungewelt.de/artikel/377928.verbesserte-wirklichkeit.html

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